Vernetzt ins queerulante Alter
Wie können wir der Einsamkeit von Menschen im Alter begegnen? Was für sie tun?
Zu dieser Frage lud im Rahmen vom Projekt «Zwäg ins Alter» am 15. Mai 2024 ein kleines feines Konsortium in Biel zum 5. Netzwerkanlass ein. Und sie kamen! Bestimmt 25 Fachmenschen aus den Bereichen Spitex, Nachbarschaftshilfe, Bildungsangebote für ältere Menschen, Betreuungsdienst, Migrant*innen-Organisationen, Seelsorge, Alters- und Pflegeheime von Biel und Umgebung waren da. Wir sammelten unser Wissen und unsere Erfahrung, tauschten uns aus, entwickelten kreative Ideen, wie die Inklusion von einsamen Menschen in unsere(r) Gesellschaft gelingen könnte. In einem Punkt waren sich die Fachpersonen einig: einsame Menschen brauchen ein offenes Ohr, möchten sich mitteilen und oft begleitet Scham die Einsamkeit. Einsame Menschen «einzuladen» ist schwierig, sie zu besuchen oft einfacher. Und da kommen Dienste wie Spitex, Nachbarschaftshilfe oder Besuchsdienste des Roten Kreuzes eine wichtige Rolle zu! Und die Idee, die mir am besten gefallen hat: Es bräuchte eine «115» Telefonnummer, die als Triagestelle Anrufende beraten kann, welche Unterstützung und Hilfsangebote es in der unmittelbaren Umgebung bzw. im Quartier hat.
Wichtige partizipative Denkarbeit im wunderschönen Haus pour Bienne wurde geleistet. Ein Blick in dieses beeindruckende Projekt und seinen Anliegen lohnt sich übrigens sehr!
Sichtbar geworden
queerAlternBern wurde eingeladen und wird auch in Zukunft an diesen Anlässen Teil sein dürfen. Möglich gemacht hat das unser Kontaktmann von queerBienne, Daniel Meyer, ein queerulanter Aktivist, der das Thema queeres Altern auch in Biel mehr pushen will. queerAlternBern wirkt regional/kantonal und dieses Treffen ist ein weiteres Puzzleteil auf dem Weg zu mehr Kooperation, Sichtbarkeit und Inklusion von queeren Anliegen in die institutionellen Strukturen im Kanton Bern! Wir knüpften Kontakte, konnten queerAlternBern kurz vorstellen und auf unser Anliegen hinweisen.
Wenn dir der Schuh um die Ohren fliegt
Mich fragte eine Person, was denn «queer» heisse? Ich war zuerst sprachlos und sagte dann: «Nemo». Naja, war vielleicht etwas flapsig von mir, aber sie hat mir grad etwas den Schuh ausgezogen diese Frage, am Tag 4 nach Nemos «I broke the Code», not a bene Nemo aus Biel. Die Person meinte dann. «Ah ja, natürlich, jetzt weiss ich. Aber nein, nein. Bei uns ist das kein Thema, wir haben kein Problem damit. In unserer Institution sind alle willkommen. Wir machen keine Unterschiede.» Eben nicht, gopf nomau. Eben machen sie keinen Unterschied. Hätte ich sagen wollen, verkniff mir aber die Bemerkung – auch weil die Veranstaltung offiziell begann.
Weichen stellen: Jetzt!
Liebe queerulante Community: Es isch no e wyte Wäg! Let's talk about! Wo immer wir können und wo immer sie es hören wollen (oder auch nicht): Wer wir sind. Wie viele von uns älteren Queers «unsichtbar» oder sollte ich besser sagen «ignoriert»? gepflegt werden in Institutionen, von der Spitex, in Spitälern, von Hausärzt*innen, in Alters- und Pflegeinstitutionen. Nicht getrauen, aus Angst vor Stigma, zu sagen, wer wir sind, wen wir lieben, wie wir leben, von dem wir gepflegt werden möchten, worüber wir erzählen würden, wenn... Es gibt uns. Und es MUSS ein Thema werden, dass wir uns Pflege und Betreuung im Alter anders vorstellen als «Kein Thema. Kein Problem mit euch, wir akzeptieren das».
Es ist noch ein langer Weg und queerAlternBern braucht Menschen wie euch, die mitziehen, Vorhänge mal mit Schuss oder je nach dem ganz behutsam und verständnisvoll bei Seite schieben und sagen: «Wir wollen mehr als akzeptiert sein. Wir wollen sichtbarer gefragter Teil sein! Wir wollen Anpassungen von Strukturen, mitwirken dabei und gehört, gesehen und korrekt angesprochen werden. Und aktiv mitgestalten können, ohne Angst vor Diskriminierung und Stigmatisierung.»
Ich möchte aus dem Anlass vor allem dieses schöne Fazit ziehen. Wir wurden eingeladen, wir wurden gehört. So tapsig wie wir selbst aus der Community manchmal noch sind, wenn wir Nemo oder Kim de l'Horizon aus Gewohnheit das männliche Pronomen anhängen (wenn mensch eher männlich aussieht, wird aus «Mensch» schnell doch wieder «Mann»). Wir lernen alle, täglich und immer wieder. Einige chli schneller, viele noch etwas weniger schnell, viele auch von «uns» immer mal wieder auch etwas tapsig, aber viele eigentlich aus tiefem im Herzen, halt mängisch no chli unbeholfen, weil nicht wissend, aber mit guter Absicht.
Essay von Désirée Aebersold