Neue Studie zeigt: Schweizer Schulen müssen LGBTQ+ freundlicher werden
[Medienmitteilung, 15.02.24] Eine neue Umfrage unter lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans, nicht binären und queeren Schüler*innen zeigt, dass sich über die Hälfte der Befragten in der Schule unwohl oder nicht sicher fühlen. Sie erleben Abwertungen, homo-, bi- und transfeindliche Sprüche und werden ausgegrenzt. Gleichzeitig fehlt es ihnen an Unterstützung durch Lehrpersonen, welche bei negativen Bemerkungen nur teilweise eingreifen. Die Zahlen zeigen, dass Massnahmen ergriffen werden müssen, damit die Schule für LGBTQ+ Schüler*innen zu einem sicheren Ort des Lernens und Entwickelns wird. Das Projekt Lehrplan Q bietet dazu Unterstützung.
Von 2022 bis 2024 wurde von der Universität Bern und den Pädagogischen Hochschulen Zürich und Bern eine umfassende wissenschaftliche Untersuchung durchgeführt, um zu verstehen, wie LGBTQ+ Schüler*innen das Schulklima erleben und welche Erfahrungen sie mit Akzeptanz und Ausgrenzung machen. Dafür wurden 569 LGBTQ+ Schüler*innen zwischen 14 und 19 Jahren befragt und die Ergebnisse lassen aufhorchen. Über 90 Prozent der Befragten berichten, dass ihre Mitschüler*innen homo- und transfeindliche Bemerkungen machen. Gut die Hälfte der Befragten wird ausgegrenzt, weil sie lesbisch, schwul, bisexuell, trans, nicht binär oder queer sind; fast zwei Drittel der trans und nicht binären Schüler*innen werden verbal belästigt.
Alessandra Widmer, Co-Geschäftsleiterin der Lesbenorganisation Schweiz (LOS) ist bestürzt über diese Ergebnisse: «Die Schule sollte ein Ort sein, in dem sich alle Schüler*innen sicher fühlen und Unterstützung erfahren. Es ist erschütternd, dass auch heute noch queere Schüler*innen beschimpft und ausgegrenzt werden und abschätzige Bemerkungen erleben müssen.» Sie nimmt deshalb auch die Schulleitungen und Lehrpersonen in die Pflicht: «Ich erwarte, dass Lehrpersonen stärker hinschauen und eingreifen – und dass sie darin von ihrer Schule unterstützt werden!»
Die Umfrage zeigt zudem auf, dass sexuelle und geschlechtliche Vielfalt im Unterricht wenig präsent ist. Im Sexualkundeunterricht haben nur 31 Prozent der Befragten Informationen zu trans Themen erhalten, bei 43 Prozent wurde zumindest sexuelle Orientierung thematisiert. Das möchte das Projekt Lehrplan Q aller Organisationen im Bereich LGBTQ+ & Schule der Deutschschweiz ändern. Roman Heggli, Geschäftsleiter von Pink Cross und Projektleiter von Lehrplan Q erläutert: «Viele Schulleitungen und Lehrpersonen sind sich bewusst, dass das Thema LGBTQ+ in der Schule präsenter sein müsste, um negativen Einstellungen bei Schüler*innen vorzubeugen und ein akzeptierendes Umfeld zu schaffen. Gleichzeitig fehlt es ihnen an gut zugänglichen Unterstützungsangeboten. Lehrplan Q bietet ihnen deshalb Materialien, Weiterbildungsangebote und vermittelt Klassenbesuche zur Sensibilisierung der Schüler*innen.»
Die befragten LGBTQ+ Schüler*innen erwähnen aber auch die schönen Seiten des Queer-Seins. Sie erleben es als Bereicherung, dass sie sich selbstbestimmt mit ihrer Geschlechtsidentität und sexuellen Orientierung auseinandersetzen können und Unterstützung aus der Community erfahren. Joh von Felten, Geschäftsleitung der queeren Jugendorganisation Milchjugend, betont auch diese Aspekte: «Das Leben als queere Person eröffnet einem so viele Möglichkeiten und schöne Erlebnisse mit einer vielfältigen Community, die einen akzeptiert. Allen queeren Schüler*innen möchte ich mitgeben: Du bist nicht alleine – wir unterstützen dich!»