Kampagne für mehr Sichtbarkeit älterer schwuler Männer
Also wenn ich heute Geburtstag hätte, würde ich mir für unsere drei queerAltern-Vereine eine gemeinsame Kampagne wünschen, wie sie die Bundesinteressenvertretung schwuler Senioren (BISS) lanciert hat – halt nicht nur beschränkt auf schwule Männer, sondern auf die ganze ältere queere Community. Unter dem Motto «Mehr als Alt!» setzt sich die Kampagne von BISS (was für ein passender Name) für einen wertschätzenden Umgang mit älteren Personen in der queeren Community ein.
Mit Flyern, Aufklebern, Postkarten und Bannern will sich BISS für ein selbstbestimmtes und diskriminierungsfreies Altern, Chancengleichheit, Teilhabemöglichkeiten sowie Anerkennung emanzipatorischer Leistungen für die queere Community einsetzen. Denn, da ist (auch) BISS sicher, habe gerade die gesellschaftliche Ächtung in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts das kollektive Erleben von Generationen schwuler Männer geprägt. Und zudem habe die Aids-Krise in den 80ern für schwule Männer erneut eine Zäsur in ihrer bis dahin hart erkämpften Selbstbestimmtheit gestellt. BISS schreibt auf ihrer Webseite: «Aus all diesen Erfahrungen entstanden neue Formen und erste Grundsteine der Selbstorganisation und Selbstvertretung schwuler Männer und der heutigen queeren Community. Sie schafften Räume für Austausch, Teilhabe und den politischen Diskurs, um der gesellschaftlichen Ausgrenzung, Diskriminierung und Stigmatisierung entgegenzuwirken.»
Heute gehören diese damals jüngeren schwulen Männer der älteren Generation an. Bei BISS setzen sie sich aktiv mit den Herausforderungen des Älterwerdens in einer heteronormativ geprägten Gesellschaft auseinander und fordern:
- wertschätzenden Umgang mit Älteren in der Community
- Einbeziehung Älterer in der Community
- Anerkennung der emanzipatorischen Leistungen älterer Generationen
Für eine diversitätssensible Pflege
Zudem setzt sich BISS für ein selbstbestimmtes Leben und eine diversitätssensible Pflege ein: «Nur durch biografisches und lebensweltbezogenes Wissen sind Pflegekräfte in der Lage, die Bedürfnisse und das Handeln ihrer Patient*innen besser zu verstehen.» Bei homosexuellen Menschen sind die Ängste, dass ihre selbstbestimmten Lebensweisen in Alterseinrichtungen keine Berücksichtigung finden oder sie gar Diskriminierung erfahren, weitverbreitet. BISS schreibt weiter: «Die biografieorientierte Pflegeberatung und Pflege beruht deutschlandweit zum grössten Teil auf einem heteronormativ-binär geprägtem Gesellschafts- und Familienbild. Die Regelstrukturen der Altenpflege sind meist nicht auf die Anforderungen an eine diversitätssensible Pflege von schwulen Männern und HIV-positiven Menschen sensibilisiert.» Es fehle an Teilhabeangeboten in Pflegeeinrichtungen und in der Community, um der Vereinsamung und Isolation älterer queerer Menschen entgegenzuwirken.
